Der Camino da Geira e dos Arrieiros ist eine faszinierende und noch wenig bekannte Route des Jakobswegs, die Braga im Norden Portugals mit Santiago de Compostela verbindet. Dieser historische und naturnahe Weg folgt alten Römerstraßen und mittelalterlichen Pfaden, die von arrieiros (Maultiertreibern), also Händlern, genutzt wurden, die Wein und andere Produkte transportierten. Wer sich für diese Jakobsroute entscheidet, erlebt eine tiefe Verbindung mit dem kulturellen und natürlichen Erbe dieser grenzüberschreitenden Region.

Region O Ribeiro

Der Camino da Geira e dos Arrieiros auf seinem Weg durch die Region O Ribeiro

Ursprung und Geschichte des Camino da Geira e dos Arrieiros

Ein Großteil des Weges folgt der alten Römerstraße XVIII, die Braga (Bracara Augusta) mit Astorga (Asturica Augusta) verband. Noch heute können Pilger zahlreiche römische Meilensteine entlang der Route entdecken – über 2.000 Jahre alte Denkmäler, die zur Entfernungsanzeige zwischen römischen Orten dienten.

Die Arrieiros: mittelalterlicher Warentransport aus dem Ribeiro

Im Mittelalter war diese Route stark frequentiert von den arrieiros, die Wein und landwirtschaftliche Produkte aus der Ribeiro-Region nach Santiago und andere bedeutende Städte brachten. Dieser Handel hat bis heute kulturelle Spuren hinterlassen, die sich in den lokalen Traditionen und der Gastfreundschaft der durchquerten Dörfer widerspiegeln.

Seit 2019 ist der Camino da Geira e dos Arrieiros offiziell vom Kapitel der Kathedrale von Santiago anerkannt. Somit können Pilger die Compostela erhalten, wenn sie die üblichen Mindestanforderungen an Strecke und Stempelung ihrer Credencial erfüllen.

Römische Meilensteine am Camino da Geira e dos Arrieiros

Römische Meilensteine am Camino da Geira e dos Arrieiros

Empfohlene Etappen des Camino da Geira e dos Arrieiros

Wie immer hängt die Etappeneinteilung von der Gehfähigkeit des einzelnen Pilgers sowie von der Verfügbarkeit an Unterkünften ab. Hier ist eine Standardaufteilung dieser etwa 239 km langen Strecke ab Braga in 10 Etappen.

Etappe 1: Braga – Santiago de Caldelas (17 km)

Ein einfacher Einstieg ins Pilgern auf flachem Gelände. Braga, eine historische Römerstadt, ist der Ausgangspunkt – von dort führt der Weg durch Wälder und kleine Dörfer bis nach Santiago de Caldelas, das für seine Thermalquellen bekannt ist.

Etappe 2: Santiago de Caldelas – Campo do Gerês (29 km)

Diese Etappe ist anspruchsvoller mit Anstiegen, da sie in den Peneda-Gerês-Nationalpark führt – eines der beeindruckendsten Naturgebiete Portugals mit spektakulären Ausblicken und waldreichen Pfaden.

Etappe 3: Campo do Gerês – Lobios (23 km)

Hier überquert man die Grenze zwischen Portugal und Spanien. Die Panoramablicke sind beeindruckend, und die natürlichen Thermalquellen in Lobios bieten nach der Ankunft pure Entspannung.

Etappe 4: Lobios – Castro Laboreiro (28 km)

Eine körperlich fordernde Bergetappe durch wilde Natur und authentische Dörfer. Höhepunkt ist das historische Kastell von Castro Laboreiro.

Etappe 5: Castro Laboreiro – Cortegada (33 km)

Ein sanfter Abstieg durch dichte Wälder und kleine ländliche Orte führt nach Cortegada, das für seine heilenden Thermalquellen und die idyllische Umgebung bekannt ist.

Thermalquellen

Die Thermalquellen von Ourense sind eine Überraschung für viele Besucher

Etappe 6: Cortegada – Pazos de Arenteiro (26 km)

Diese Etappe führt durch das Weinanbaugebiet Ribeiro, vorbei an Weinbergen, traditionellen Bodegas und mittelalterlichen Dörfern. Pazos de Arenteiro lädt mit reicher Architektur zum Verweilen ein.

Etappe 7: Pazos de Arenteiro – Beariz (17 km)

Ein eher ruhiger Tag durch typisch galicische Landschaften mit Wäldern, kleinen Flüssen und Dörfern, bis nach Beariz.

Etappe 8: Beariz – Codeseda (29 km)

Der Weg führt durch Eichen- und Kastanienwälder, vorbei an typischen Dörfern, in denen man mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt kommen kann. Codeseda bietet ein authentisch ländliches Ambiente.

Etappe 9: Codeseda – Couso (Pontevea) (25 km)

Eine mittelschwere Etappe mit sanften Wegen – ideal zur Vorbereitung auf den letzten Tag. Couso bietet gute Pilgerunterkünfte und Infrastruktur.

Etappe 10: Pontevea – Santiago de Compostela (18 km)

Die letzte Etappe bringt die Pilger zur lang ersehnten Plaza del Obradoiro in Santiago – ein emotionales Finale voller Geschichte und Natur.

Kathedrale von Santiago

Die Kathedrale von Santiago erwartet Pilger aus allen Richtungen

Praktische Tipps für den Camino da Geira e dos Arrieiros

Zusätzlich zu den allgemeinen Tipps für den Jakobsweg empfehlen wir Folgendes:

  • Körperliche Vorbereitung: Für den Camino da Geira e dos Arrieiros ist eine gute körperliche Verfassung empfehlenswert, da das Gelände abwechslungsreich und stellenweise sehr anspruchsvoll ist – insbesondere im Gebirge.
  • Beste Reisezeit: Frühling (April–Juni) und Herbst (September–November) sind die besten Jahreszeiten für diese Route. Sommer ist wegen der Hitze und Winter wegen des rauen Wetters weniger geeignet.
  • Beschilderung: Die Wegmarkierung hat sich deutlich verbessert, doch empfehlen wir den Einsatz von spezialisierten GPS-Apps für den Jakobsweg, um sich nicht in abgelegenen Gegenden zu verirren.
  • Etappen- und Unterkunftsplanung: Eine gute Planung ist ratsam, da es nur begrenzte und oft kleine Unterkünfte wie Landhäuser oder Herbergen gibt. Vorabreservierungen sind in der Hochsaison sehr zu empfehlen.
  • Was mitnehmen?: Wie immer empfehlen wir bei der Packliste für den Camino, nur das Nötigste mitzunehmen: leichte Funktionskleidung, bequeme und feste Schuhe, Sonnencreme, leichte Regenjacke und ein kleines Erste-Hilfe-Set. Da manche Abschnitte abgelegen sind, solltest du immer ausreichend Wasser und Proviant dabei haben.
  • Credencial: Falls du sie nicht bereits mitbringst, kannst du die Credencial in der Kathedrale von Braga oder im örtlichen Tourismusbüro erhalten.
  • Mit dem Fahrrad: Die Route ist mit dem Fahrrad möglich, aber in einigen Bereichen – besonders im Nationalpark Peneda-Gerês – sehr anspruchsvoll. Ein Mountainbike und Erfahrung mit langen Strecken sind empfehlenswert.
Typisches galicisches Gericht mit Oktopus

Typisches galicisches Gericht mit Oktopus

Gastronomie und Sehenswürdigkeiten entlang des Weges

Eine der großen Stärken des Camino da Geira e dos Arrieiros ist der natürliche, kulturelle und kulinarische Reichtum, der den Pilger auf Schritt und Tritt begleitet. Thermalquellen unter freiem Himmel, charmante Dörfer, traumhafte Landschaften und lokale Küche sorgen für eine unvergessliche Erfahrung.

Besonders lohnenswert sind die natürlichen Thermen von Lobios und Cortegada, ideal zum Entspannen nach anstrengenden Etappen. Die alten Mühlen von Pazos de Arenteiro lassen vergangene Zeiten aufleben, während zahlreiche Aussichtspunkte – etwa in Campo do Gerês, Castro Laboreiro oder Codeseda – atemberaubende Panoramen auf Täler, Weinberge und Hügel bieten.

Was die Küche betrifft, sind zwei Spezialitäten hervorzuheben: der frische, leichte portugiesische Vinho Verde, ideal für ein Mittagessen im Dorf, sowie die Weine aus dem Ribeiro (Treixadura, Godello, Torrontés), die hervorragend zu traditionellen Gerichten passen. Typisch sind unter anderem pulpo á feira, die galicische Empanada und portugiesischer Bacalhau.

Camino da Geira e dos Arrieiros

Camino da Geira e dos Arrieiros, ein ganz besonderer portugiesischer Weg

Wenn du einen authentischen Camino suchst, voller Geschichte und fernab vom Massentourismus, ist der Camino da Geira e dos Arrieiros eine hervorragende Wahl. Ja, er ist anspruchsvoll, aber auch zutiefst bereichernd. In unmittelbarer Nähe verläuft auch der Camino Miñoto Ribeiro – eine ebenfalls sehr interessante Route mit Thermalbädern, Wein und ländlicher Kultur – ideal für ein entspannteres und genussvolles Pilgererlebnis. Nicht zu vergessen: Portugal bietet ein vielfältiges Netz an Jakobswegen – neben dem bekannten zentralen portugiesischen Weg gibt es z. B. den portugiesischen Inlandweg, den Küstenweg, den Camino de Torres oder den aufstrebenden Camino Taverneiro. Sie alle zeigen das Nachbarland von neuen Seiten.

In Wahrheit gibt es nicht den einen Camino oder nur eine Art, ihn zu erleben. So viele Wege es gibt, so viele Erfahrungen – jeder Pilger findet seinen eigenen Rhythmus, seine eigenen Herausforderungen und seine eigene Schönheit. Die Wahl der Route ist letztlich auch eine Frage des Zuhörens: Was brauche ich gerade? Was will ich erleben? Wichtiger als das Ankommen ist das, was zwischen dem ersten und letzten Schritt geschieht – die Begegnungen, die Landschaften, die Fragen und manchmal auch das Schweigen. Und dafür ist der Camino da Geira e dos Arrieiros eine außergewöhnliche Wahl, die dich ganz bestimmt positiv überraschen wird!